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Öffentlicher Seezugang?

27.12.2023Naturschutz

Gut gemeint, aber übers Ziel hinausgeschossen…

Wer möchte nicht gerne ungehindert am Seeufer spazieren, am Ufer auf einem Stein sitzen und die Füsse baumeln lassen oder an heissen Sommertagen einfach in den See springen und sich abkühlen lassen? Das ist vielerorts möglich und kann von allen genossen werden. Aber dort, wo es sich um rechtskräftig ausgeschiedenes Privatland oder Naturschutzgebiete handelt, bleibt der Zugang der Öffentlichkeit verwehrt. Noch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, diese Situation merklich zu verbessern, ohne bei fremden Leuten durch den Garten zu spazieren und seltene Vögel in Schutzgebieten zu stören.

An schönster Lage am Seeufer zu wohnen ist ein Privileg, das sich nur ein kleines Bevölkerungssegment leisten kann. Dass in solchen Situationen die «Ausgesperrten» neidisch werden und auch ein Stück freien Seezugang geniessen möchten, ist nachvollziehbar. Aber jetzt Wege mitten durch Privatgärten und Schutzgebiete zu legen, das wäre der falsche Ansatz.

SCHUTZGEBIETE SIND IM ÖFFENTLICHEN INTERESSE

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben an der Urne entschieden, dass seltene Lebensräume mit seltener Flora und Fauna geschützt sind und so ungeschmälert erhalten bleiben müssen. In solchen Fällen geht das höhere Recht vor, das heisst, der im öffentlichen Recht liegende Naturschutz ist höher zu gewichten als die Interessen von Einzelpersonen, welche gerne am Seeufer spazieren möchten. Das heisst aber nicht, dass die Interessen am öffentlichen Seezugang gänzlich unmöglich sind, wie das Beispiel Seezugang am linken Ufer des Durchstichkanals vom Obersee in den Zürichsee zeigt. Auch eine allfällige Überbauung «Steinfabrikareal» am linken Bildrand wird dieses Interesse berücksichtigen müssen (siehe Titelbild).

Vielerorts gibt es harte, unökologische Seeuferverbauungen mit dahinterliegenden Strassen oder Bahnlinien. Für solche Verkehrsflächen war meist eine Landaufschüttung notwendig, was zu Steilufern führte. Hier kann gleichzeitig mit einer Seeuferaufwertung ein neuer Seeuferweg entstehen und mit etwas Rücksicht reicht es für verschiedene Benutzergruppen.

RECHTSLAGE BEI KONZESSIONSLAND

Im letzten Jahrhundert war es üblich, eine Mauer in den See hinaus zu stellen und dahinter aufzuschütten. Das so auf Kosten des Sees gewonnene Land nannte man «Konzessionsland». Rechtlich gesehen wurde die aufgeschüttete Seefläche Eigentum des Bauherrn und verlor den Status eines «öffentlichen Gewässers». Erst 1993 brachte das neue Wasserwirtschaftsgesetz eine entscheidende Änderung. Dieses erklärt aufgeschüttetes Land zum Eigentum des Kantons Zürich, aber nicht rückwirkend. Bei jeder vor 1993 aufgefüllten Fläche käme es beim Bau eines neuen Seeuferweges zu ellenlangen Rechtsstreitereien und schlussendlich zu Enteignungen. Horrend hohe Landkosten am See und Rechtsstreitigkeiten würden solche Projekte nicht nur verzögern, sonder auch zu exorbitanten Projektkosten führen, welche an der Urne kaum eine Bewilligungschance hätten.

Bis 1992 konnten Mauern im See gebaut und hinterfüllt werden Der See wurde dort zu privatem Konzessionsland.
GUTE, WEGWEISENDE BEISPIELE

Der heutige Seeuferweg vom zürcherischen Richterswil zum schwyzerischen Bäch entstand zwischen Eisenbahnlinie und See auf frisch geschüttetem Land mit Buchten auf den See. Das waren Bauten

im Gewässerraum, welche aber gesamthaft mit ihren ökologischen Ausgleichsmassnahmen zu einer markanten ökologischen Aufwertung und zum gewünschten öffentlichen Seezugang führten: Win-Win-Situation. Damit der ökologische Wert langfristig erhalten bleibt, ist aber auch ein zielgerichteter, regelmässiger Unterhalt und Pflege notwendig. Ansonsten werden die neu geschaffenen, ökologisch wertvollen Flächen schnell verbuschen und mit invasiven Neophyten überwuchert.

Vorgeschüttete Mauern im See werden bei rücksichtsvollen Bauherrschaften zurückgebaut und als natürliches Flachufer gestaltet.

CHANCE BEI PRIVATEN NEUBAUTEN

Das neue Gewässerschutzgesetz schränkt das Bauen in Gewässernähe massiv ein, bietet aber gleichzeitig auch die Möglichkeit mit Auflagen alte Sünden zu beseitigen. Das bringt zwar nicht den gewünschten öffentlichen Seezugang in besagter Privatparzelle, aber die Umsetzung des öffentlichen Interessens eines naturnahen, ökologisch wertvollen Seeufers.

Autor:in

Res Knobel

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