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Gefährdete Wanderer

24.08.2023Artenschutz

Amphibienwanderung im Kanton Schwyz

Bis zum Jahr 2018 war es nicht bekannt, dass Teichmolche ihre Laichplätze am und um den Sihlsee haben. Die heute geschätzte Population von rund 6‘000 Teichmolchen macht sie zu einer der grössten in der Schweiz. In der Gemeinde Wollerau begeben sich Erdkröten, Grasfrösche und Bergmolche unterdessen auf eine äusserst riskante und gefährliche Wanderung.

Wenn der Frühling mit feuchten Wetterbedingungen und milden Temperaturen von über 5°C Einzug hält, erwachen nicht nur die Knospen an den Bäumen, sondern auch die heimischen Amphibien. Frösche, Kröten und Molche machen sich auf den Weg von ihren Winterquartieren zu den Laichplätzen. Eine beeindruckende Reise, bei der sie Strecken von mehreren hundert Metern bis zu einigen Kilometern zurücklegen. Doch auf ihrem Weg lauern zahlreiche Gefahren, die ihr Überleben bedrohen. Neben dem zunehmenden Verlust ihres natürlichen Lebensraums, der bereits eine grosse Herausforderung darstellt, sehen sich die Amphibien einer weiteren Gefährdung ausgesetzt – den Strassen.

Sensationsfund am Sihlsee

Im Jahr 2018 stiess Thomas Hertach, der Amphibienbeauftragte des Kantons Schwyz, auf einen bemerkenswerten Fund. Bei Untersuchungen rund um den Sihlsee fand er die auf der Roten Liste befindlichen Teichmolche auf einer Höhe von rund 900 Meter über Meer. Eine solche Höhenlage galt bislang als äusserst untypisch für diese Amphibien. Während den wissenschaftlichen Erhebungen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften wurden im Gebiet Ahornweid Euthal ca. 6’000 Tiere erfasst. Mit dieser Anzahl gehört der Bestand zu den grössten in der Schweiz. In den darauffolgenden zwei Jahren wurden mit dem Amphibienteam Sihlsee weitere Untersuchungen zu Anzahl, Art und Geschlecht vorgenommen. Die durchgeführten Erhebungen dienen den Behörden als Entscheidungsgrundlage für den Amphibienschutz. 

Im und am Sihlsee wurde eine bis 2018 unbekannte Population von Teichmolchen gefunden. Bildquelle: Mario

Sihlsee Saison 2023

Im Jahr 2023 hatte das Amphibienteam am Sihlsee eine Menge Arbeit. Die Laichwanderung begann erst am 22. April so richtig Fahrt aufzunehmen. Trotzdem mussten die Behälter an den Zählstellen täglich kontrolliert und entleert werden. Wenn Sie Interesse haben, den gefährdeten Tieren nächstes Jahr beim Überqueren der Strasse zu helfen, können Sie sich bei Bruno Kälin in Euthal unter der Nummer 079 225 98 16 melden. Das Amphibienprojekt am Sihlsee wurde in diesem Jahr in der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» vom 30.03.2023 vorgestellt und kann online (via QR-Code) angesehen werden.

Waghalsige Hochzeitsreise zum Freyenweijer

Im Jahr 2021 wurden im Auftrag des Amtes für Wald und Natur Schwyz erstmals Amphibienzäune an der Hüttnerstrasse und der Seelistrasse errichtet. Dies geschah als Reaktion auf Berichte aus der örtlichen Bevölkerung über eine hohe Anzahl überfahrener Tiere in den Jahren 2019 und 2020. Freiwillige Helferinnen und Helfer aus der Umgebung engagierten sich von Anfang März bis Anfang Mai und sammelten täglich die Amphibien in den Auffangbehältern ein, notierten die Anzahl und Arten.

Wichtige Erkenntnisse

An der Hüttnerstrasse wurden deutlich mehr Tiere gefangen als an der Seelistrasse (226 zu 49). Dies deutete darauf hin, dass viele Amphibien nicht den Hüttnersee als ihr Laichgewässer ansteuerten, sondern den Freyenweijer. Eine spontane Kontrolle Anfang April 2021 auf der Allenwinden-strasse bestätigte diese Vermutung, als dort 80 überfahrene Tiere gezählt wurden.

Neubeurteilung 2022

Um diese Annahmen zu überprüfen, wurden im Jahr 2022 unter der Leitung von Miriam Fischer vom Büro für ökologische Optimierungen GmbH erneut Amphibienzäune an der Hüttnerstrasse und neu an der Allenwindenstrasse aufgestellt. Die Ergebnisse bestätigen, dass die meisten Tiere zuerst die Hüttnerstrasse überqueren, dann die stark befahrene Allenwinden-strasse und schliesslich die Bahnstrecke der SOB, um zum Freyenweijer zu gelangen. Die Daten aus dem Jahr 2023 liefern dieselben Erkenntnisse.

Lösungen sind gefragt

Es gilt nun eine Lösung zu finden, wie mit dieser Situation in Zukunft umgegangen werden soll. Denn selbst bei einer Wanderung von nur 200-250 Tieren darf der Schutz der Amphibien in diesem Gebiet nicht vernachlässigt werden.

Ohne gute Schutzmassnahmen haben Amphibien keine Chance auf ihrer Wanderung. Bildquelle: Denise Amrein

Autor:in

Miriam Fischer

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