Moorregeneration und ökologische Aufwertung
Das Kaltbrunner Riet erhielt dringend benötigte Hilfe. Der stark ausgetrocknete Entensee wurde regeneriert und ökologisch mit dem Möwenteich verbunden. Bestehende Entwässerungsleitungen wurden verschlossen und eine Flachwasserzone in der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche zwischen den beiden Flachmooren geschaffen.
Das Schutzgebiet, welches sich über das Benkner-, Burger- und Kaltbrunner Riet erstreckt, ist ein wichtiger Lebensraum für viele Arten und sein Schutz von internationaler Bedeutung. So ist es gleichzeitig Flachmoor, Amphibienlaichgebiet und Wasser- und Zugvogelreservat von nationaler Bedeutung. Dieser Lebensraum und die darin vorkommenden Pflanzen- und Tierarten gilt es deshalb entsprechend zu schützen und für deren Fortbestehen zu sorgen.
GESTÖRTES FLACHMOOR
Das Schutzgebiet besteht aus zwei Hauptteilen, dem Entensee und dem Möwenteich, welche von einer drainierten, landwirtschaftlichen Fläche noch bis vor Kurzem getrennt waren. Das ursprüngliche Entwässerungsregime in der Schutz- und Pufferzone um den Entensee sorgte dafür, dass das Wasser aus dem Einzugsgebiet des Sees abgeleitet wurde. Die Entwässerung und zunehmend heissen und niederschlagsarmen Sommer führten dazu, dass die Böden austrockneten und der Wasserhaushalt des Flachmoors gestört wurde. Ein Flachmoor wird durch Grund- oder Hangwasser sowie Niederschlag gespiesen. Die dort vorkommenden Pflanzen- und Tierarten sind auf eine permanente Vernässung angewiesen. Ein Viertel der bedrohten Pflanzenarten in der Schweiz kommt nur auf Moorböden vor. Auf Trockenheit sensibel reagierende Arten wurden deshalb zunehmend von Neophyten wie der Goldrute verdrängt, die besser mit solchen Bedingungen zurechtkamen. Als Folge wurden grossflächige Neophytenbekämpfungsmassnahmen notwendig. Der Entensee verlor durch die verstärkte Verlandung an Wasseroberfläche und setzte in den wasserfreien Flächen Nährstoffe frei, die durch die Oxidation der Torfschicht entstehen. Diese gelangten wiederum bei Niederschlägen in die umliegenden Flächen und beeinflussten die fragile Pflanzenzusammensetzung des Moors.
PROJEKTVERLAUF
Seit 2011 wurden im Auftrag von Pro Natura verschiedene Untersuchungen und Erhebungen im Kaltbrunner Riet durchgeführt, auf deren Ergebnisse die nun umgesetzten Massnahmen aufbauen. Als Grundeigentümerin und Naturschutzorganisation war Pro Natura St. Gallen-Appenzell sehr daran interessiert, die beiden Teile des Schutzgebietes wieder miteinander zu verbinden. Gespräche mit Grundeigentümern, Gemeinden und der Linthebene-Melioriation waren schon seit längerem im Gange. 2021 wurden sich alle Parteien über die moorhydrologischen Massnahmen und ökologischen Aufwertungen im Entensee und in der Zwischenzone einig.
VERNÄSSUNGSMASSNAHMEN
Die Entwässerungsleitungen wurden verschlossen und eine Flachwasserzone mit einer Flutmulde und Flutwiese zwischen den beiden Flachmooren geschaffen. Dieser Bereich mit verschiedenen Wassertiefen macht das Naturschutzgebiet für Zugvögel und Amphibien besonders attraktiv, da solche Standorte selten geworden sind. Im Herbst kann die Bewirtschaftung durch gezieltes Absenken des Wasserspiegels erleichtert werden. Das ursprünglich abgeleitete Wasser kann nun wieder in den See fliessen und für einen höheren Wasserpegel sorgen.
WEITERE AUFWERTUNGSMASSNAHMEN
Ein fischfreier Weiher speziell für Kammmolche wurde gebaut und neue Niederhecken um die Flachwasserzone gepflanzt. Letztere bieten z.B. dem Laubfrosch neuen Lebensraum. Sobald die Niederhecken dicht zusammengewachsen sind und vor direktem Einblick schützen, sorgt dies für weniger Störungen durch die Besuchenden. Zug- und Wasservögel sind sehr störungsanfällig und haben teils grosse Fluchtdichtstanzen.
ANGEBOT FÜR DIE BESUCHENDEN
Die Besucherinnen und Besucher werden natürlich nicht aussen vor gelassen. Der neu gestaltete Lebensraum kann von einer speziell angelegten Beobachtungsplattform beim Info-Pavillon eingesehen werden. Ein neuer Weiher in unmittelbarer Nähe lässt Beobachtungen von Libellen und anderen Tieren aus nächster Nähe zu. Das Gebiet und die zwei Beobachtungstürme sind ganzjährig begehbar. An den Wochenenden zwischen April und Juni ist zusätzlich die von Freiwilligen betreute Ausstellung im Info-pavillion geöffnet.
VORZEIGEPROJEKT
Das Aufwertungsprojekt konnte nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren im Kaltbrunner Riet realisiert werden. Das Projekt ist wegweisend für den langfristigen Erhalt des Schutzgebiets und damit der Biodiversität im Linthgebiet und im ganzen Kanton St. Gallen. Mehr Informationen zum Projekt gibt es unter www.pronatura-sg.ch.
*Titelbild: ©Pro Natura